Auch Ausbildungsplätze als Koch werden noch angeboten. Vor allem das Handwerk buhlt um Azubis; freie Lehrstellen sorgen auch für Öffnung: Man will vermehrt auch Hauptschulabsolventen eine Chance geben. Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Nächsten Montag beginnt das neue Ausbildungsjahr, doch noch immer sind in der Region viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Deswegen buhlt vor allem das Handwerk gezielt um Studienabbrecher und verspricht Stellen auch mit Hauptschulabschluss.

Nächsten Montag beginnt das neue Ausbildungsjahr, doch noch immer sind in der Region viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Deswegen buhlt vor allem das Handwerk gezielt um Studienabbrecher und verspricht Stellen auch mit Hauptschulabschluss.

Stuttgart - Über eine Minute dauert der Werbespot, der am Samstag während der „Sportschau“ in der ARD lief und seitdem im Fernsehen gezeigt wird. Geworben wird für das Handwerk. Der Spot zeigt junge Menschen, die, alleine durch ihre Anwesenheit, kaputte Dinge wie ein Schlagloch, eine Lokomotive und eine Straßenlaterne reparieren. Aufgemacht ist er stylish, jugendlich, eben genau für die Zielgruppe angepasst.

Dass dieser Werbespot gezeigt wird, hat einen ernsten Hintergrund. Den Handwerksbetrieben fehlt es an Nachwuchs. Noch immer gibt es zahlreiche Lehrstellen, die unbesetzt sind. Nicht nur im Handwerk. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) sind in Stuttgart und Umgebung noch 550 Lehrstellen unbesetzt, und das nur wenige Tage vor dem Beginn des Ausbildungsjahrs am 1. September. Im Jahr 2013 waren es zu diesem Zeitpunkt nur 200.

„Der demografische Wandel und die sinkenden Schulabgängerzahlen treffen ganz zentral das Handwerk“, sagt Thomas Hoefling, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Deswegen richte sich die deutschlandweite Kampagne an Absolventen aller Schulformen. Zusätzlich zu Medienkampagnen würden in den Schulen auch gezielt Jugendliche angesprochen.

Ein weiterer Grund für die vielen freien Stellen ist die gestiegene Zahl an Studenten. 2013 haben laut IHK ein Drittel mehr junge Menschen ein Studium begonnen als noch vor zehn Jahren. Deshalb richtet sich der Fokus des Handwerks auch auf angehende Akademiker. Wer mit seinem Studium nicht zufrieden ist, weil etwa der Praxisbezug fehlt, der könnte ein guter Kandidat für eine handwerkliche Ausbildung sein. Hier kooperiert die Handwerkskammer seit diesem Sommer mit der Agentur für Arbeit, die Studienabbrecher direkt an den Stuttgarter Hochschulen berät. Auch mit den Beratungsstellen der Universität Stuttgart arbeitet die Handwerkskammer seit diesem Jahr zusammen. Die Hochschule verweist entsprechende Kandidaten auf die Möglichkeiten im Handwerk. „Für junge Menschen, die sich neu orientieren wollen, kann der Weg außerhalb des akademischen Bildungssystems eine bislang ungeahnte Chance sein“, sagt Klaus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart.

Häufig denken Abiturienten überhaupt nicht an das Handwerk als adäquaten Karriereweg. Dabei kann man mit Abitur seine Ausbildung um ein Jahr verkürzen und hat die Möglichkeit zu einer Zusatzqualifikation Management im Handwerk.

Auch an Schulen wird kräftig um Auszubildende geworben. In Werkrealschulen versucht man Schüler davon zu überzeugen, mit einem guten Hauptschulabschluss ins Berufsleben zu starten. Vor ein paar Jahren war das noch ganz anders. Mit einer Note besser als 2,5 habe man realistische Chancen. Mit der Ausbildung kann der Realschulabschluss miterworben werden, heißt es bei der Handwerkskammer. Bisher entscheiden sich viele Schüler lieber für den Realschulabschluss.

Ein weiteres Problem ist nach Angaben der Handwerkskammer, dass viele Berufe nicht so bekannt seien, da die jugendlichen mit ihnen nicht häufig in Berührung kämen. So gebe es keine Probleme, Auszubildende für typische Berufe wie Schreiner oder Kfz-Mechatroniker zu finden. Dabei gebe es aber auch Ausbildungsplätze, die den bekannten sehr ähnlich seien, aber nicht so häufig nachgefragt würden. Dazu zählen vor allem Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizung-, und Klimatechnik, Elektroniker und Berufe, die mit Lebensmitteln zu tun haben.

Um Lehrlinge zu finden und die offenen Stellen noch besetzen zu können, nutzen die Handwerkskammern auch verstärkt das Internet. Auf www.azubitv.de der Handwerkskammern gibt es Video-Interview-Clips mit Auszubildenden und eine Lehrstellenbörse. Zum Service, der vom Europäischen Sozialfonds gefördert wird, gehören auch eine persönliche Beratung und ein Training für Vorstellungsgespräche.

Auch die IHK bietet eine Lehrstellenbörse mit Suchfunktion unter www.ihk-lehrstellenboerse.de an. Hier finden sich zurzeit noch etwa 9500 freie Stellen in ganz Deutschland.